User Experience in Zeiten der E-Fahrzeuge Braucht es Apps zum Aufladen von E-Autos?

Ein Gastbeitrag von Thomas Boele *

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Die Bundesregierung setzt auf E-Mobilität, doch für deren Erfolg wird die Bereitstellung einer zugänglichen und nutzerfreundlichen Ladeinfrastruktur entscheidend sein. Dies wirft die Frage auf, ob eine App zum Aufladen von Elektrofahrzeugen im nächsten Jahrzehnt zu einer der meistgenutzten Handy-Apps werden wird.

Das durch eine mobile App gestützte Kundenerlebnis wird möglicherweise zum wichtigsten Faktor für Ladestellen-Betreiber.
Das durch eine mobile App gestützte Kundenerlebnis wird möglicherweise zum wichtigsten Faktor für Ladestellen-Betreiber.

Die rasant wachsende Zahl von Autofahrerinnen und -fahrern, die auf E-Fahrzeuge umsteigen, hegt vermutlich den Wunsch nach einer einheitlichen Lade-App. Der Wandel von einem Tankerlebnis à la „Bezahlen an der Zapfsäule“ hin zu einer Kundenbeziehung mit einem Ladestellenbetreiber (Charge Point Operator, CPO) wird eine der größten Veränderungen im Kundenerlebnis der Zukunft sein.

Um maximales Customer Engagement zu erreichen, müssen verschiedene Technologien integriert werden, um Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit und Einfachheit zu gewährleisten.

Folgende drei Faktoren sind dabei erfolgsentscheidend:

#1 Infrastruktur: Katalysator für steigende Nachfrage und nachhaltige Industrie

Während die meisten E-Fahrzeuge (Electric Vehicles, EV) in ländlichen und vorstädtischen Gebieten zu Hause aufgeladen werden, ist eine der brennendsten Fragen in größeren Städten: Wo soll ich mein Auto aufladen? Sieht man sich dazu noch die erwartete Anzahl an E-Fahrzeugen bis 2030 an, wird diese Frage noch drängender.

Eine kürzlich veröffentlichte Studie der Nationalen Leitstelle für Ladeinfrastruktur geht davon aus, dass es bis dahin bis zu 15 Millionen E-Fahrzeuge in Deutschland geben wird. Beim Ausbau der nötigen Infrastruktur spielen viele Faktoren eine Rolle und die Karte für die Bereitstellung muss viele Bereiche abdecken beispielsweise private Nutzung, gewerbliche Flotten, Lkw und Busse. Sie muss entlang von Autobahnen und Bordsteinkanten, in ländlichen Gebieten, Bürogebäuden, Wohnanlagen, Einzelhandelszentren, Fuhrparkdepots und mehr vorhanden sein.

Gleichsam muss sie die Bevölkerung fair versorgen, sowohl was den Zugang als auch die Kosten betrifft. Für diejenigen, die die Möglichkeit einer Heimladestation nicht haben und wo der Stromverbrauch zeitlich verschoben werden kann, um die Kosten zu senken, wird die Schaffung nachhaltiger öffentlicher Lademodelle für Kundschaft und CPOs von entscheidender Bedeutung sein.

Die zunehmende Verfügbarkeit von Ladepunkten muss mit der Bereitschaft des Netzes und erneuerbaren Energiequellen einhergehen. Darüber hinaus muss die Energienachfrage an konzentrierten Standorten gedeckt werden. Auf der Ebene des Versorgungsunternehmens beinhaltet dies die Netzplanung und den Ausbau erneuerbarer Energiequellen. Auf der Ebene der Ladestationen kann es Energiespeicherung, Ladegeräte, die den Anforderungen des Standorts entsprechen, und Energiemanagement für einzelne und vernetzte Ladepunkte umfassen.

#2 Internet-Konnektivität: Wegbereiter für Betrieb und Nutzerfreundlichkeit

Die oben genannten Faktoren führen dazu, dass die Ladestationen zur Überwachung, Fernsteuerung und zur Unterstützung der Einnahmen mit dem Internet verbunden werden müssen. Die Bundesregierung hat Mindeststandards für Charging Points (CPs) vorgeschlagen. Diese Standards umfassen Anforderungen an die Netzwerkkonnektivität für die Kommunikation zwischen Ladegeräten, zwischen Ladenetzwerken sowie zwischen Ladenetzwerken und Netzen.

Internet-Konnektivität ermöglicht folgende Funktionen für CPOs:

Intelligentes Lademanagement: Die Möglichkeit für Fahrerinnen und Fahrer, ein Elektrofahrzeug ohne zusätzliche Genehmigung an eine Ladestation anzuschließen.

Fernüberwachung: Immer wieder wird berichtet, dass Fahrer und Fahrerinnen an einer Ladestation ankommen und feststellen, dass diese nicht funktioniert – oder sie nicht mit der genutzten Ladekarte kompatibel ist. Mittels der IP-Anbindung können CPOs den Zustand der Ladestationen aus der Ferne überwachen, sicherstellen, dass die Ladestationen den Strom wie vorgesehen abgeben, abnormale Trends bei den Sensormesswerten erkennen und Manipulationen aufdecken.

Firmware-Updates: Bei einer erwarteten Lebensdauer von 10 Jahren für ein Ladegerät können regelmäßige Wartungsfahrten das Betriebsbudget sprengen. Dank einer mobilen Netzwerkanbindung können Software-Updates und Sicherheits-Patches over-the-air bereitgestellt werden.

Zahlungen: Über die IP-Konnektivität an der Ladesäule können CPOs Ladegeräte mit Benutzerkonten verbinden und so die Zahlungsabwicklung durchführen.

Verfügbarkeits- und Preisstatus: Nutzerinnen und Nutzer mobiler Anwendungen können die Verfügbarkeit von Ladegeräten und Preisinformationen in Echtzeit einsehen.

Bereitstellung von Inhalten: Werbemotive und Promotionen können auf Bildschirme übertragen werden, um sie den Kunden während des Ladevorgangs abzuspielen.

Kommunikation mit dem Kundendienst: Mithilfe von VoIP-Technologien können CPOs Sprach- (und Video-) Kommunikation in ihre Ladestationen einbetten, um den Kundenservice am Ort des Bedarfs zu ermöglichen.

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Von diesen Konnektivitätsfunktionen profitieren CPOs durch etwa geringere Betriebskosten, neue Einnahmequellen, weniger Umsatzverluste und eine bessere Kundenbindung.

Der Bedarf an Konnektivität bringt eine Reihe von Wahlmöglichkeiten mit sich. CPOs und Hersteller von Heimladestationen haben die Wahl zwischen verschiedenen Netzwerktechnologien, um die oben genannten Funktionen zu unterstützen, aber zu den vorherrschenden Methoden gehören Mobilfunk und Wi-Fi.

Während Wi-Fi in Heimumgebungen kosteneffizient sein kann, bietet die Mobilfunktechnologie viele Vorteile, wie z. B. Verfügbarkeit, weitreichende Sicherheit, da die Ladepunkte bei entsprechendem Setup des WWANs nicht im öffentlichen Internet einsehbar sind, und kann so – inklusive zusätzlicher Schutzmaßnamen – das Risiko eines Hackerangriffs minimieren.

#3 Kundenerlebnis: Tanken ist nicht mehr transaktional

Mit dem Laden von Elektrofahrzeugen wird das Tanken zu einem vielseitigen Erlebnis. Es geht nicht mehr nur darum, zur nächsten Tankstelle zu fahren, fünf Minuten lang zu tanken und an der Zapfsäule zu bezahlen. Komplexe Aspekte wie die Verfügbarkeit von Ladegeräten, der Typ des Ladegeräts (schnell/langsam), die Teilnahme am Teilnehmernetz, mobile Apps, Zahlungsoptionen und nahegelegene Annehmlichkeiten kommen hinzu. Das Kundenerlebnis wird daher zum vielleicht wichtigsten Faktor für die Betreiber, die auf dem umkämpften Markt für öffentliche Ladestationen als Gewinner hervorgehen werden.

Mobile Anwendungen sind zum Werkzeug geworden, mit dem CPOs die Kundenerfahrung steuern und mit ihnen kommunizieren. Funktionen wie Stationskarten, Verfügbarkeit von Ladegeräten, Ladestart und Benachrichtigungen über den Ladestatus sind in allen Anwendungen gleich.

Außerhalb der mobilen Anwendung gibt es immer mehr Innovationen, um den Anforderungen der Kunden gerecht zu werden. Marken wie Rewe, IKEA und Bauhaus haben erkannt, dass die Bequemlichkeit der Kunden und Kundinnen beim Laden von E-Fahrzeugen zu einer längeren Verweildauer im Geschäft und zu höheren Umsätzen führen kann.

Für CPOs beginnt die Schaffung einer loyalen Kundschaft und die Steigerung des Customer Lifetime Value mit dem Sammeln von Kundeneinblicken über Datensilos hinweg. Dann müssen sie diese Erkenntnisse nutzen, um der Kundschaft ein personalisiertes Erlebnis zu bieten, egal wo sie sich befinden – im Web, auf dem Handy, per SMS, Chat, E-Mail und im Callcenter. CPOs sollten daher nach Software-Plattformen Ausschau halten, die:

  • Unternehmen bei der sicheren und gesetzeskonformen Verwaltung von Erstkunden-Daten unterstützen,
  • Datensilos aufbrechen, um eine einheitliche Sicht auf die Customer Journey zu schaffen, und APIs bereitstellen zur flexiblen und skalierbaren Verfügbarkeit von Kommunikationsmitteln wie Omni-Channel-Kommunikation (Chat/Sprache/Video).

Innovationen im Bereich des Kundenerlebnisses, wie z. B. die Integration von physischen Tasten für den Hilferuf in die Ladestationen, die Möglichkeit, Hilfe über die App oder Kommunikationskanäle wie In-App-Chat, SMS oder WhatsApp zu erhalten, oder die Möglichkeit, Push-to-Talk oder gar Video in der mobilen App mit einer direkten Verbindung zum Kontaktzentrum zu nutzen, runden das Bild eines modernen, kundenfreundlichen CPO ab.

Thomas Boele
Thomas Boele
(Bild: Twilio)

Spulen wir also ins Jahr 2030 vor, dann sind – wenn es richtig gut läuft – 15 Millionen E-Fahrzeuge auf Deutschlands Straßen unterwegs, gespeist von 1 Million öffentlicher Ladestationen (dieses ehrgeizige Ziel hat die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag verankert). Wird Ihre App ein Trend in den App-Stores sein? Betreiber, die jetzt handeln, um Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit, Komfort und (Kunden-)Erlebnis zu kombinieren, werden mit einem klaren Ja antworten!

* Thomas Boele ist RVP Solutions Engineering, EMEA, bei Twilio.

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