Die Agile Strategie war erst der Anfang Von der „Nord-Life-Balance“-Kultur profitieren

Ein Gastbeitrag von Michael Höfler *

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Vergleichen wir agile Projekte in finnischen und deutschen Unternehmen, fallen große Unterschiede insbesondere in der Unternehmenskultur. Doch was macht die nordische Firmenkultur aus? Und warum ist sie für agile Projekte die ideale Voraussetzung?

Eine moderne Unternehmenskultur sollte einerseits die Individualität und gleichzeitig das Zusammengehörigkeitsgefühl der Belegschaft fördern.
Eine moderne Unternehmenskultur sollte einerseits die Individualität und gleichzeitig das Zusammengehörigkeitsgefühl der Belegschaft fördern.
(Bild: StockSnap / Pixabay)

Während sich in Finnland eine neue Firmenkultur im großen Stil durchsetzen konnte, passen agile Projekte und Unternehmenskultur in Deutschland oft nicht zueinander. Grundvoraussetzung für die nordische Form der Unternehmenskultur ist, wie sie gesehen und aufgefasst wird. Dazu gibt es vier wichtige Eckpfeiler:

  • 1. Die Unternehmenskultur wird von den Menschen im Unternehmen gemacht.
  • 2. Unternehmenskultur wird gelebt – sie steht nicht nur auf einem Blatt Papier in der Theorie.
  • 3. Die Unternehmenskultur ist dynamisch und entwickelt sich im Laufe der Zeit immer weiter.
  • 4. Wenn die Kultur auf die Unternehmensstrategie abgestimmt ist, bringt sie den Erfolg des Unternehmens maßgeblich weiter.

Außerdem wird im Rahmen dieser neuen, nordischen Firmenkultur ein Unternehmen als eine Gemeinschaft unterschiedlicher Individuen gesehen, die Gutes ausstrahlt bei allem, was sie tut. Die Angestellten arbeiten in einem sicheren Umfeld, das von Sondieren, Wachsen, Verbessern und dem gemeinsamen Erreichen von Zielen geprägt ist. Erfolg oder Scheitern – alle sitzen im selben Boot.

Zentrale Werte

Zwei zentrale Werte stehen im Vordergrund dieser Unternehmenskultur:

  • Das Unternehmen ist für alle ein großartiger Arbeitsplatz und
  • alle prosperieren am Kundenerfolg.

In der Praxis entsteht dadurch ein positiver Kreislauf: Engagierte, motivierte Mitarbeitende erzeugen eine herausragende Kundenerfahrung. Das führt zu zufriedenen und treuen Kunden sowie wiederum zu guten finanziellen Ergebnissen für das Unternehmen. So kann in die Mitarbeitenden investiert werden, was wiederum zu mehr Motivation und Engagement führt.

Modernes Führungsverständnis

Aber nicht nur monetäres Investment führt zu motivierten und engagierten Mitarbeitenden. Auch ein modernes Verständnis von Führung mit den Menschen im Fokus ist dafür nötig. Basis dafür ist, dass sich alle Mitarbeitenden verantwortlich für ihre eigenen Aufgaben aber auch für den gemeinsamen Erfolg fühlen. Transparenz ist hierfür ein Schlüsselfaktor.

Automatisierte Bots und Programme sorgen dafür, regelmäßig alle notwendigen Daten zusammenzutragen und für alle zur Verfügung zu stellen. So geben aktuelle Informationen darüber, wo das Unternehmen und Projekte stehen, den richtigen Überblick. Dies bildet die Grundlage dafür, dass die richtigen Fragen gestellt werden können – auch wenn es einmal schwierige sind.

Leadership ist dabei von fünf wichtigen Faktoren geprägt:

1. Verantwortung für die Geschäftsentwicklung und Fokus auf eine erfolgreiche Zukunft für das Unternehmen – Dazu gehören kontinuierliche Veränderung sowie die regelmäßige, sinnvolle Reorganisation von Aufgaben und Strukturen. Die Aufteilung in kleinere Teameinheiten fördert eine Kultur der Selbst-Organisation.

2. Empathie, Kommunikation und Erwartungsmanagement – Führung heißt, Klarheit zu schaffen. Das bedeutet, in Entscheidungen transparent zu sein, zu erklären, gute Arbeit anzuerkennen sowie wertzuschätzen.

3. Präsent sein – Das heißt, den aktiven Austausch über alle Kommunikationskanäle hinweg zu pflegen – in einer offenen, fairen und demokratischen Diskussionskultur – für den schnellen Fluss von Meinungen und Gedanken.

4. Fokus auf die Kundenperspektive – Organisation und Kultur müssen so geprägt sein, dass sich Kunden willkommen fühlen – ein Kunden-zentrierter Ansatz.

5. Inklusion – Alle werden gleichbehandelt und sind eingeladen, zum Unternehmenserfolg beizutragen. Egal welchen Alters, Geschlechts oder welcher Herkunft – Diversität zählt. Voraussetzung dafür sind Möglichkeiten, sich zu treffen und zu interagieren, damit ein Gefühl der Zusammengehörigkeit entsteht – ein ureigenes menschliches Bedürfnis.

Last but not least erfordert modernes Führen die Befähigung und die Ermutigung für einen offenen Dialog sowie die passende Feedback-Kultur.

Reflektion und konstruktives Feedback – für eine erfolgreiche Lernkultur

Für eine moderne Feedback-Kultur sind klare Ziele und Erwartungen notwendig. Ohne beides ist sowohl das Geben als auch Annehmen von Feedback schwierig. Feedback geben, erhalten und einfordern, sollte im Unternehmensalltag verankert sein. Dabei geht es um aktives Zuhören, Lernen und Verbesserung, ohne zu urteilen oder gar zu verurteilen. Folgende zwei Fragen führen zu konstruktivem Feedback:

  • Was habe ich/haben wir gut gemacht?
  • Was könnte ich/könnten wir besser machen?

Damit lassen sich Bereiche identifizieren, die Verbesserung benötigen, oder persönliche Stärken sichtbar machen. Erfolg basiert auf diesen Stärken. Und wenn klar ist, wo es Verbesserungspotenzial gibt, ist der wichtigste Schritt getan – solange alle kontinuierlich dazulernen wollen.

Selbstverantwortung als zentrales Ergebnis von Zugehörigkeit und Teilnahme

Unternehmenskultur lebt von Aktionen und passiert zwischen Menschen. Damit sich Mitarbeitende ihrem Unternehmen zugehörig fühlen, sollten alle Beteiligten folgende vier Standpunkte verinnerlichen:

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  • 1. Alle haben das Potenzial, sich zu entwickeln.
  • 2. Alle sind vertrauenswürdig.
  • 3. Das Engagement für die Mitarbeitenden und ihr Wohlbefinden wirken sich auf die Produktivität aus.
  • 4. Das Verhalten und die Aktionen jeder Person sollten den gemeinsamen Vorstellungen von Offenheit, Gleichheit und Kooperation entsprechen.

Um im Umgang mit Kolleginnen und Kollegen von der neuen nordischen Unternehmenskultur zu profitieren, sind folgende Verhaltensweisen wertvoll: Transparenz, Offenheit und Vertrauen leben; freundlich, inklusiv, professionell und entwicklungsorientiert sein; Informationen und Wissen teilen sowie Hilfe anbieten, wenn sie gebraucht wird.

In der Zusammenarbeit mit Kunden geht es vor allem auch um Vertrauen, professionelles Verhalten – wie beispielsweise Termine einzuhalten, Service-orientiert zu handeln, auch einmal die Extra-Meile für den Kunden zu gehen, hochwertige Ergebnisse abzuliefern und dem Kunden zum Erfolg zu verhelfen.

Diese Art der Unternehmenskultur erfordert gute Selbstmanagement-Skills, Selbstverantwortung, sowie ein hohes Maß an Eigenständigkeit, den Willen, sich zu entwickeln, und auf sich und das eigene Wohlergehen zu achten. Denn nur so kann man seine Kräfte richtig einteilen und auch langfristig motiviert und zufrieden bleiben.

Diese Art der Kultur passiert nicht von selbst, sondern muss aktiv gefördert werden. Hierfür haben wir sechs Kräfte identifiziert, die hierbei hilfreich sein können. Sie stehen in einem Kreislauf in Zusammenhang und verstärken sich gegenseitig. Mehr dazu finden Sie in dem unten eingehängten Kasten. Wir bei Gofore leben diese Unternehmenskultur – und merken, dass wir damit agiler, schneller und einfacher erfolgreiche Projekte durchführen können.

Flache Hierarchien, Kommunikation und Zusammenarbeit auf Augenhöhe, keine kurzfristigen KPIs, demokratische Strukturen, ein hohes Maß an Eigenverantwortung und -Initiative sowie Vertrauen und Zugehörigkeit begünstigen insbesondere die von Agilität und Schnelligkeit geprägten Projekte. Wir können die hier beschriebene Nord-Life-Balance als moderne Form der Unternehmenskultur nur weiterempfehlen. Letztendlich hilft sie auch, im War for Talents Fachkräfte zu finden und langfristig zu binden.

* Michael Höfler ist Lead Software Developer bei Gofore.

Sechs Kräfte, auf denen die „Nord-Life“-Balance aufbaut

Auf Basis folgender sechs Attribute funktioniert die neue Art der nordischen Unternehmenskultur und bringt Mehrwert für alle.

1. Transparenz

Alle teilen gute und schlechte Nachrichten, lassen andere an ihrem Denken und ihren Plänen offen teilhaben und gehen mit Input und Kommentaren dazu respektvoll und offen um. Auch interne Informationen stehen allen zur Verfügung.

Beispielsweise wird das Protokoll von Management-Meetings intern geteilt, damit alle Bescheid wissen, wohin die Reise des Unternehmens geht. So haben die Mitarbeitenden die nötigen Einblicke und die Chance, sich einzubringen und teilzuhaben – auch an der Entscheidungsfindung. Sie fühlen sich ernst genommen, Entwicklung und Wachstum können gedeihen.

2. Vertrauen

Transparenz schafft Vertrauen. Und wenn Menschen einander vertrauen, und wissen, dass ihnen vertraut wird, trauen sich diese auch einmal etwas auszuprobieren. Vertrauen braucht es dabei im Alltag auf allen Dimensionen: Zwischen Unternehmen und Mitarbeitenden, zwischen Mitarbeitenden untereinander sowie zwischen Unternehmen/Mitarbeitenden und Kunden/Partnern.

3. Verantwortung

Verantwortung heißt, für ein Ergebnis verantwortlich zu sein. Das eigene Handeln hat Auswirkungen darauf, dass andere ihre Ziele erfüllen können. Verantwortung und Selbstbestimmung enden also nicht bei einzelnen Personen, sondern erfordern gegenseitige Rücksichtnahme. Auch etwas zu wagen ist eine Form der Verantwortung. Hier entscheidet man sich, Ressourcen oder Zeit einzusetzen, um etwas zu erreichen.

Natürlich kann man damit auch scheitern oder Fehler machen. Deswegen ist Vertrauen so wichtig. Denn nur so hat man die notwendige Sicherheit, dass es okay ist, wenn einmal etwas nicht läuft wie geplant. Für den Erfolg von Unternehmen mit flachen, demokratischen Hierarchien ist es essenziell, dass diese Kraft stark gelebt wird. Nur wenn alle Mitarbeitenden Verantwortung für ihr Handeln und ihre Aufgaben übernehmen, ist ein Top-down-Ansatz nicht mehr notwendig.

4. Kompetenz

Das Übernehmen von Verantwortung fördert Situationen, in denen man auch Herausforderungen annimmt. Lernbereitschaft im Allgemeinen und das Meistern von oder Scheitern an Herausforderungen im Konkreten – alles schafft Kompetenz. Das erfordert Mut und den Ehrgeiz, sich persönliche Ziele für den beruflichen Erfolg zu setzen und diese diszipliniert zu verfolgen. Das gemeinsame Lernen und Teilen von Wissen stehen dabei im Vordergrund.

5. Zugehörigkeit

Damit ein Zugehörigkeitsgefühl entsteht, braucht es Vertrauen und psychologische Sicherheit. Die Maxime „Behandle Kolleg:innen wie Freunde – sie könnten es werden“ kommt hier voll zum Tragen. Scheitern gehört dazu – genauso wie der offene Umgang damit. Im Alltag erleichtern folgende Verhaltensweisen den Aufbau psychologischer Sicherheit und Zugehörigkeit:

  • Kritik wird durch Neugier ersetzt. Fragen wie „Was kann ich tun, um zu helfen?“ oder „Was sind deine Bedenken?“ helfen hier.
  • Aktives Zuhören, um zu lernen und zu verstehen.
  • Fehler zugeben.
  • Feedback einfordern und für jedes Feedback dankbar sein.

6. Fürsorge/Mitgefühl

Das Unternehmen kümmert sich um alle Mitarbeitenden und ihr Wohlergehen. Dabei werden alle gleich behandelt, es gibt keine Favoriten. Alle haben das Recht auf interessante Aufgaben und Projekte, zu lernen, auf eine angemessene Arbeitslast und auf die Möglichkeit, flexible Arbeitsarrangements in Anspruch zu nehmen. Das zahlt auf die individuelle und die Unternehmens-Resilienz ein.

Eine ausgewogene Work-Life-Balance, Flexibilität und Freiheit machen Mitarbeitende glücklich und zufrieden – glückliche und zufriedene Angestellte geben im Job ihr Bestes. Mitgefühl ist ebenso wichtig, weil es die Positivität aller, die Zusammenarbeit und den Zusammenhalt erhöht sowie Beziehungen stärkt. Dieses Miteinander oder Zusammengehörigkeitsgefühl fördert jedoch auch wieder das Bedürfnis, Informationen zu teilen und für Transparenz zu sorgen. Womit sich hiermit der Kreis der sechs Kräfte schließt.

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